Orgelfahrt mit Simon Hebeisen und Martin Heini vom 3./4. Juni 2025 - Memmingen in Oberschwaben (Bayern)
Fahrt ins blaue Wunderland
Mit grosser Vorfreude treffen sich die Orgelfreunde im Carport der Firma Gössi. Mit 30 Teilnehmenden sind wir eine überschaubare Anzahl. Die Fahrt ins Schwabenland geht recht zügig trotz obligatem Stau beim Nordring. Die Reise ins blaue Wunderland beschert uns das blaue Wunder – im positiven Sinn, aber alles der Reihe nach. Unsere Reiseleiter Joseph Hofstetter, Martin Heini und Simon Hebeisen haben ein super Programm zusammengestellt.
Kassier Armin Gwerder ist für alles mit Zahlen und Zählen verantwortlich und damit niemand vergessen geht. Mit Jürg Meier haben wir einen versierten und interessierten Chauffeur.
Wir werden bald gluschtig gemacht – eine kleine Menuauswahl fürs Nachtessen wandert durch die Sitzreihen und es gilt sich zu entscheiden. Der Kaffeehalt darf nicht fehlen, gut gibt es Raststätten, so verlieren wir nicht zu viel Zeit. Bald verlassen wir die Autobahn und fahren über Land durch erholsames Grün und kleinere Dörfer. Pünktlich um 11.30 treffen wir zur Besichtigung der Wallfahrtskirche Steinhausen in Bad Schussenried ein. Der Ort ist nicht gross – aber die Kirche überragt alles.
Beim Eintritt in die Kirche überkommt uns das Staunen und wir sind überwältigt von der Pracht und Ausstattung, die Kirche wird dem Spätbarock und Rokoko zugeordnet. Die Prämonstratenser – ein Priesterorden – hat dieses Wunderwerk in Auftrag gegeben, gebaut wurde von 1728 bis 1731 von den Gebrüdern Dominikus und Johann Zimmermann. Herzstück ist das gotische Gnadenbild von 1415. Viele bedeutende Künstler wurden beige-zogen. Schon bald entdecken wir auch die zahlreichen Tiere, die in Stuck gegossen und bemalt die Decke bevölkern. Wir verzichten aber auf das Nachzählen der 365 Engel… Bekannt ist die Kirche auch bei den Jakobspilgern, liegt sie doch auf der Strecke Nördlingen- Ulm und weiter Richtung Schweiz. Sie wird als schönste «Dorfkirche der Welt» bezeichnet.
Im Restaurant Schinderhannes in Bad Schussenried werden wir kulinarisch verwöhnt, der zuvorkommende Service fällt auf und zieht sich durch. Überall werden wir freundlich empfangen und verabschiedet. Für die Mahlzeiten am Mittag ist die Firma Gössi zuständig, Joseph fürs Nachtessen und die Koordination der Menus. Salat ist immer dabei und immer lecker.
Die Fahrt geht weiter durch grüne Täler und Höhen – wir sind in Oberschwaben/Allgäu, in Ottobeuren. Im Klosterhof beeindrucken die schöne Anlage und die Basilika mit zwei Zwiebeltürmen, den beiden römischen Märtyrern Alexander und Theodor geweiht. Sie gilt als eine der schönsten Barockkirchen Deutschlands. Der Kirchenraum ist beeindruckend. Dem langen Kirchenschiff entlang sind zahlreichen Seitenaltäre. Sie hat eine sehr reiche spätbarocke Ausstattung, für einige von uns ist es fast zu viel…. In der Mitte erhebt sich ein grosses romanisches Kreuz.
Uns erwartet eine Orgelführung mit der antiken Orgel von 1766 gebaut von Riepp. Mit Christoph Hauser erleben wir eine äusserst kompetente Führung, es gelingt ihm, viel Historisches verständlich und interessant zu schildern. Die Klöster, hier sind es Benediktiner, haben eine wechselvolle Geschichte.
Die zwei weithin berühmten Barockorgeln, die Dreifaltigkeitsorgel sowie die Heiliggeistorgel im Chor beidseitig, sind mit französischem Klangbild ausgestattet. Im reich ausgestatteten Chorgestühl erleben wir eine eindrückliche Vorstellung des Organisten, wo er uns die Klang-farben und Eigenheiten hören lässt. Über dem Hauptportal ist die Marienorgel als drittes Instrument erbaut von G.F. Steinmeyer von Oettingen. 2001/2002 wurde die Orgel den neunen Anforderungen angepasst, wichtig war aber die Qualitäten des Instrumentes zu erhalten und vorsichtige Korrekturen anzubringen. Die äussere Erscheinung wurde erhalten. Die beiden Spieltische von 1959 wurden zusammengefasst in einer Anlage.
Ab 17.00 können wir die Zimmer in Memmingen beziehen. Schnell Gepäck rein und auf zum Städtchenbummel bevor es ans Umziehen für das Nachtessen geht. Wir staunen über die Plätze, gepflegten Bürger- und Patrizierhäuser und Paläste. Die Stadt gilt als eine der am besten erhaltenen in ganz Süddeutschland. Wir wohnen zentral, aber neben einem Park.
Im Restaurant Engelkeller werden wir in ein Säli geführt mit einem langen Tisch, schön auf-gedeckt. Nebenan tafelt schon eine andere Gesellschaft, es ist einiges los! Die jungen Serviererinnen behalten die Ruhe und arbeiten sich durch die Tischreihe, um Getränke aufzunehmen. Bis jeder weiss, was er trinken trinkt, dauert es eine Weile, aber wir haben ja Zeit. Das Essen ist ausgezeichnet.
Der Schlummerbecher entfällt für die meisten, das Einkassieren dauert wieder seine Zeit.
Es ist aber weiter nicht schlimm, der Tag war lang und interessant und morgen geht es wieder rechtzeitig aus den Federn.
Nach dem ausgezeichneten Frühstück nehmen wir den Fussweg in die Pfarrkirche St. Martin Beim Eintritt gibt’s einige Ah und Oh, der Unterschied zu den spätbarocken Kirchen ist eindrücklich. Die Kirche ist auch sehr gross und viel schlichter ausgestattet. Es hat Fresken aus dem Mittelalter und Malereien und die Kirchendecke ist nachträglich eingebaut worden.
Wiederum erwartet uns eine interessante Führung, diesmal durch Hans-Eberhard Ross.
Wer in Geschichte einen Fensterplatz hatte, kann nur staunen, wie spannend trockene Geschichte sein kann. Dazu gibt es auch humorvolle Einschübe und Episoden aus der wechselvollen Geschichte der Kirche und der Orgel. Er erklärt uns auch die Feierlichkeiten zur Stadt der Freiheit, die Fahne vor der Kirche macht auch darauf aufmerksam. Memmingen trägt den Beinamen «Stadt der Freiheitsrechte» und erinnert damit an die «zwölf Artikel» die 1525 in Memmingen formuliert wurden und als erste europäische Formulierung von Grund- und Menschenrechten gelten.
Wir hören beinahe einen Krimi über die Orgel, so eine wechselvolle Geschichte. 1993 wurde sie stillgelegt, da kamen magere Jahre für den Organisten. Für die Gemeinde war klar, wir brauchen wieder eine Orgel und es gingen reichlich Spenden ein. Die Firma Goll erhielt den Auftrag und das Prachtsinstrument wurde 1998 eingeweiht und geniesst weitherum einen ausgezeichneten Ruf. Es war eine Herausforderung für die Orgelbauer und es der Firma Goll und Simon Hebeisen gelungen, eine wunderschöne Orgel in den bestehenden Kirchenraum einzufügen. Speziell daran ist die offene Empore, die Sicht auf die Orgel gibt.
Der Organist gibt ein eindrückliches Konzert mit Bach und Vierne. Dazu können wir in der Kirchenbank sitzen bleiben mit Sicht auf die Orgel. Die Kirchenbänke lassen sich drehen und so haben alle Sicht auf die Kanzel – ist am Sonntag immer in Gebrauch! Das wäre etwas für unsere Kirche, Konzerte von Musik zu St. Katharina mit Sicht auf die Empore……
Anschliessend dürfen wir auf die Empore zum Spieltisch. Unsere eigenen Organisten Martin, Simon und Bernadette und andere lassen sich Details zeigen. Die Weite des Kirchenraums ist von hier oben noch beeindruckender. Irgendwie ist es befreiend, in dieser eher schlicht gehaltenen Kirche zu verweilen. Als grosse Ausnahme erlaubte uns Herr Ruoss, ins Innere der Orgel zu steigen und die Holzkonstruktion zu sehen.
Unser Mittagessen nehmen wir in Rot an der Rot ein, im Gasthaus zur Linde. Wir geniessen wiederum ein feines Essen, dazu ein Glas einheimischen Wein, zum Beispiel Riesling. Die Bedienung ist top, aufmerksam und speditiv. Wir sind uns einig, der kulinarische Teil der Orgelreise ist auch ein Highlight.
Unsere letzte Führung beginnt um 14.30 in der Klosterkirche St. Verena. Die Prämonstratenser haben das Kloster gegründet, nun ist es auch ein bedeutendes Kulturdenkmal. Die Klosteranlage ist von weitem zu sehen mit ihren zwei Zwiebeltürmen. Im Innern erwartet uns Organist Maximilian Pöllner, auch er ein Talent im Vermitteln von Historischem, dazu auch wieder mit einer guten Prise Humor. Der Kirchenraum ist grosszügig mit breitem Schiff und etlichen Seitenaltären. Auf beiden Seiten erstrecken sich die recht breiten Emporen. Wir dürfen die Treppe hinauf und auf die Orgelempore. Wiederum erhalten wir viele Informationen über die Geschichte der Kirche St. Verena und die Orgel. Mit Freude zeigt er uns den Spieltisch mit den schönen Intarsien und wir geniessen das letzte Orgelspiel auf dieser Reise.
Die Heimreise geht diesmal Richtung Rheintal, Walensee und über den Hirzel. Zufrieden und voller schöner Eindrücke bedanken wir uns bei allen Beteiligten für die wiederum bestens organisierte Reise für die Orgelfreunde.
Christina Kleeb
Fotos Christina Kleeb und Beatrice Buholzer
Wallfahrtskirche Bad Schussenried
Ottobeuren mit Organist Christoph Hauser

Memmingen mit St. Martinskirche und Organist Eberhard Ross